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Schmidt: „Stimmung verschlechtert sich.“

„Die Stimmung bei den Freien Berufen trübt sich deutlich ein. Und auch der Blick auf das kommende halbe Jahr ist ein skeptischer. Dies gründet vor allem auf der Verkettung zweier Faktoren: Zum einen spüren auch wir Freiberuflerinnen und Freiberufler die Personalnot mehr denn je. Das aber führt zum anderen zu einer weiter und weiter steigenden Überauslastung: Mehr als jede dritte Freiberuflerin, jeder dritte Freiberufler und deren Teams arbeiten über Anschlag. Dieser Wert zog von seinerzeit 29,5 Prozent auf 35,1 Prozent an. Gerade wir Freie Berufe stehen wie kein anderer Sektor als Vertrauensdienstleister unserer Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden in einem Spannungsfeld, weil wir nicht ohne Konsequenzen für diese Aufträge, Mandate und Behandlungen ablehnen können“, so BFB-Präsident Friedemann Schmidt zu den Ergebnissen.

Und sagt weiter: „Überdies wirken auch in unseren Feldern die Folgen des Krieges gegen die Ukraine: Steigende Preise und Inflation treffen auch uns Freie Berufe. Fast jede zehnte Freiberuflerin, jeder zehnte Freiberufler ist sehr stark betroffen, 37,5 Prozent stark. Jede Zehnte, jeder Zehnte geht davon aus, dass diese Kostenbelastung 2023 existenzbedrohend wird. Zudem befürchten Teile der Freien Berufe ein durchaus kritisches Marktumfeld aufgrund von Insolvenzen ihrer Auftraggeberinnen und Auftraggeber sowie einen Nachhalleffekt durch wegbrechende Aufträge. In der aktuellen Lage brauchen wir pragmatische Vorhaben, die auch Selbstständigen helfen, beispielsweise durch Steuerfreibeträge für selbstständige Einkünfte entsprechend der Inflationsprämie, damit auch diese die Mehrkosten abfedern können.

Gerade die Überauslastung führt trotz hohen Bedarfs – laut unserer vorangegangenen Umfrage haben die Freien Berufe 340.000 offene Stellen – zu einer pessimistischen Personalplanung. Jede fünfte Freiberuflerin, jeder fünfte Freiberufler geht davon aus, in zwei Jahren weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Größenteils weil sie damit rechnen, niemanden zu finden.

Für uns Freie Berufe ist die Fachkräftesicherung zentral, um auch künftig mit unseren Teams unsere Beiträge für Zukunftsaufgaben wie die Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft zu leisten. Diese könnten ausgebremst werden. Denn fehlen uns mehr und mehr Fachkräfte, dann fehlt in unseren Feldern nicht nur ein vielleicht verzichtbares Produkt im Regal, sondern eine gesellschaftlich unverzichtbare Dienstleistung. Können diese nicht erbracht werden, droht ein Dominoeffekt, der sich auch auf andere Branchen auswirkt.

Die Fachkräftesicherung ist gerade auch angesichts der demografischen Entwicklung eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Die Babyboomer gehen in den Ruhestand, es rücken zu wenige Menschen nach. Alle Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind gefordert, dies als entscheidende Zukunftsaufgabe in den Mittelpunkt zu stellen. Dabei müssen wir dringend auch die Gründerinnen und Gründer als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von morgen in den Blick nehmen und ihnen Mut machen. Wir als BFB machen die Fachkräftesicherung zu unserem Jahresschwerpunktthema 2023.“

Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Winter 2022 im Einzelnen:

Aktuelle Geschäftslage
Ihre aktuelle Geschäftslage schätzen 37,7 Prozent der befragten Freiberuflerinnen und Freiberufler als gut ein, 40,9 Prozent als befriedigend und 21,4 Prozent als schlecht. Verglichen mit den Vorjahreswerten trübt sich die Stimmung weiter ein: Im Winter 2021 beurteilten 50,3 Prozent der Befragten ihre Lage als gut, 36,3 Prozent als befriedigend und 13,4 Prozent als schlecht.

Alle vier Freiberufler-Gruppen bewerten ihre aktuelle Lage schlechter als im Vorwinter. Die Freiberufler im technisch‐naturwissenschaftlichen Bereich und die rechts‐, steuer‐ und wirtschaftsberatenden Freiberufler sind verhaltener, die freien Kulturberufe und die freien Heilberufe noch mehr.

Sechs‐Monats‐Prognose
7,1 Prozent erwarten eine günstigere Entwicklung, 47,1 Prozent einen gleichbleibenden und 45,8 Prozent einen ungünstigeren Verlauf. Auch hier verändern sich die Werte gegenüber dem Vorwinter merklich. 16,2 Prozent rechneten seinerzeit mit einer günstigeren, 67,9 Prozent mit einer gleichbleibenden und 15,9 Prozent mit einer ungünstigeren Entwicklung.

Alle vier Freiberufler‐Gruppen sind skeptischer als im Vorwinter: Die rechts‐, steuer‐ und wirtschaftsberatenden und die technisch‐naturwissenschaftlichen Freiberufler sind zurückhaltend, die freien Kulturberufe und gerade die freien Heilberufe sind noch weniger zuversichtlich.

Personalplanung
21,4 Prozent rechnen mit weniger Beschäftigten, 66,8 Prozent gehen davon aus, gleich viele Mitarbeiter zu beschäftigen, und 11,8 Prozent erwarten, mehr Mitarbeiter zu haben. Die Zahl derjenigen, die damit rechnen, weniger Beschäftigte zu haben, hat sich gegenüber dem Vorjahr (10,9 Prozent) fast verdoppelt.

Konjunkturbarometer
Das aktuelle Geschäftsklima wird von den Befragten ähnlich negativ bewertet wie in der Gesamtwirtschaft. Dies wird vor allem durch die sehr schlechte Geschäftserwartung für die nächsten sechs Monate getrieben, die wohl wiederum maßgeblich durch die aktuellen Unsicherheiten bezüglich (Energie-)Kosten und anderer wirtschaftlicher Entwicklungen beeinflusst wird. Hier bleiben vorerst die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen abzuwarten, die einen maßgeblichen Einfluss auf eine mögliche Aufhellung der Konjunkturstimmung haben.

Aktuelle Auslastung der Kapazitäten
Für 35,1 Prozent der Befragten sind ihre Kapazitäten bereits überschritten. Im Vorwinter lag der Wert bei 29,5 Prozent. 37,4 Prozent sind zu mehr als 75 Prozent bis zu 100 Prozent ausgelastet, 15 Prozent zu mehr als 50 Prozent bis zu 75 Prozent, 6,8 Prozent zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und 5,7 Prozent bis zu einem Viertel. Von denjenigen, die überausgelastet sind, sind bei 59,1 Prozent die Kapazitäten bis zu einem Viertel überschritten.

Perspektivische Auslastung
Von denjenigen, die noch nicht überausgelastet sind, erwarten 10,2 Prozent, binnen der kommenden sechs Monate, und 13,8 Prozent, innerhalb der nächsten zwei Jahre über 100 Prozent ausgelastet zu sein. Diese Werte lagen im Winter 2021 noch bei 8,8 und 9,3 Prozent.

Gründe für Überauslastung
Für 75,3 Prozent gründet die Überauslastung in einer zu hohen Nachfrage. 51,4 Prozent führen dies auf fehlende Fachkräfte und 14,8 Prozent auf fehlende weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück.

Sonderthema: Kostensteigerung und Inflation
Fast jede zehnte Freiberuflerin, jeder zehnte Freiberufler (9,8 Prozent) ist sehr stark von den aktuellen Preissteigerungen betroffen. Weitere 37,5 Prozent sind stark betroffen, 50,5 Prozent wenig und 2,2 Prozent gar nicht.

Gerade bei den Energiekosten geben die Befragten an, dass sich die Kosten gesteigert hätten. Bei Heizkosten wie Gas nannten dies 83 Prozent, beim Strom 80,8 Prozent. Fast die Hälfte (46,1 Prozent) verzeichnet dies mit Blick auf Leistungen von Drittanbietern.

Eine Weitergabe der steigenden Kosten an Auftragnehmerinnen und -nehmer war für 5,3 Prozent der Befragten möglich. Über die Hälfte (59,4 Prozent) konnten diese nicht weitergeben, weitere 35,3 Prozent nur teilweise.

Jede Zehnte, jeder Zehnte (10,5 Prozent) geht davon aus, dass die Mehrbelastung durch gestiegene Kosten und Inflation 2023 existenzbedrohend wird. 54 Prozent gehen nicht davon aus. 35,5 Prozent können dies aktuell noch nicht abschätzen.

Machte der Anteil der Energiekosten am Umsatz 2021 bei nur 3,5 Prozent mehr als 20 Prozent aus, so ist dies 2022 für 13,7 Prozent so, dieser Anteil hat sich mithin nahezu vervierfacht.

Über die Umfrage
Repräsentative Umfrage des Instituts für Freie Berufe (IFB) im Auftrag des BFB vom 4. Oktober bis 6. November 2022 unter rund 1.600 Freiberuflerinnen und Freiberuflern zur Einschätzung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage, der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten, ihrer Personalplanung und Kapazitätsauslastung. Im Sonderteil wurden Kostensteigerungen und Inflation in den Blick genommen.

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