„Wir begrüßen das Tempo der Sondierungsgespräche, den offenkundigen Einigungswillen und die Kompromissbereitschaft. Das gestrige Ergebnis erkennt die größte Herausforderung für Deutschland seit Gründung der Bundesrepublik an – das Zusammentreffen einer massiven Gefährdung der äußeren und inneren Sicherheit mit einer zugleich strukturellen wirtschaftlichen Schwäche sowie den demografischen Folgen für Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Dies geschieht in Kombination mit einer gesellschaftlichen Polarisierung, die sich auch im neuen Bundestag widerspiegelt. Der notwendige Kraftakt ist damit noch unzureichend abgesichert.
Die gewaltigen Investitionen in Verteidigungsfähigkeit und Infrastruktur sind nach Jahren des Auf-Verschleiß-Fahrens notwendig. Die Ergebnisse gehen auf viele große „Baustellen“ ein – bei Sicherheit, Energieversorgung, Bürokratieabbau, Infrastruktur und dem Wohnmarkt beispielsweise mit dem Gebäudetyp E. Leider aber sind nicht die geringsten Bemühungen um Haushaltskonsolidierung in anderen Bereichen zu erkennen, wie sie vor der Wahl versprochen waren.
Dem massiven Arbeitskräftemangel in Deutschland und dem volkswirtschaftlich zu geringen Arbeitsvolumen begegnen die Verhandlerinnen und Verhandler mit einigen Anreizen wie der wöchentlichen Arbeitszeitbetrachtung und mehr steuerfreien Hinzuverdienstmöglichkeiten, ausreichend sind sie aber nicht.
Zu begrüßen sind die Erklärungen zum Bürokratieabbau – einem Schlüssel, um die Potenziale der Freien Berufe besser zu nutzen, die vor allem mehr Freiheit benötigen. Denn mit Regulierung und neuen Ressourcen allein werden die Aufgaben einer Zeitenwende nicht bewältigt werden können. Es kommt auf die Expertinnen und Experten und deren praxisnahes Know-how an, insbesondere aus dem Mittelstand und speziell aus den Freien Berufe, die agil arbeiten und Aufgaben der Daseinsvorsorge wie auch der Krisenbekämpfung erfüllen. So planen sich beispielsweise Brücken nicht von selbst – ohne Ingenieurbüros mit ihren Teams, ohne die technischen Freien Berufe geht es nicht. Auch die beratenden Freien Berufe sind hier nicht wegzudenken. Die wichtige Aufgabe der Stärkung der Resilienz – Verteidigungsfähigkeit, Demokratieerhalt etc. – ist ohne Freie Berufe nicht machbar; schon jetzt sind die freien Heilberufe einbezogen.
Die Problemlösung liegt insbesondere auch in der Expertise, der Motivation und der unternehmerischen Freiheit von über 6,2 Millionen Erwerbstätigen bei den Freien Berufen. Der Mittelstand ist nicht Objekt von Unterstützung, er ist der Problemlöser und braucht vor allem eines: bessere Bedingungen für Selbstständigkeit. Selbstständigkeit in Deutschland muss dringend gestärkt werden, taucht im Sondierungsergebnis aber nur einmal im Zusammenhang mit der Alterssicherung auf. Um den Selbstständigen ein positives Signal zu senden und ihre entscheidende Rolle für unsere Wirtschaft und den Arbeitsmarkt anzuerkennen, bedarf es einer Konkretisierung im Koalitionsvertrag.
Und auch die Netze der Versorgung mit Gesundheit durch Ärzte und Ärztinnen, Apothekerinnen und Apotheker etc. brauchen mehr Fachkräfte, mehr Freiheit von erdrückender Bürokratie und müssen vor einem weiteren Ausverkauf an aggressive Fremdinvestoren geschützt werden. Auch hier muss der Koalitionsvertrag ansetzen.“