„Freie Berufe gibt es, weil es Regeln für die Freien Berufe gibt.“ Dieses Prinzip formulierte der Festredner des Abends, Dr. Robert Habeck, Bundesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in seiner Keynote „Freiheit und Verantwortung“. Und weitete es: „Unsere freie Gesellschaft gibt es, weil es Regeln gibt.“ Dies veranschaulichte er mit eingängigen Beispielen: „Schach ohne Regeln wäre nicht das Spiel der Könige“. Auch Shakespeares Sonette oder Mozarts Kompositionen seien durch Regeln strukturiert. Doch in dieser wertvollen Leihgabe für die Argumentation pro Regulierung erschöpfte sich seine Rede nicht. Er schrieb allen, wenngleich sehr vielfältigen Freien Berufen die Fähigkeit zu, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Auch hob er die besondere Rolle der Freien Berufe unter dem Aspekt der Daseinsvorsorge gerade in ländlichen Regionen hervor. Überdies skizzierte er mit der Digitalisierung, der Globalisierung, der Kapitalisierung und dem Klimawandel vier große Herausforderungen. Veränderungen, die exponentiell verliefen und nicht linear. Hier müsse auch die Politik umdenken und mit neuen Antworten die wertegehaltene Gesellschaft schützen sowie Vertrauen zurückgewinnen. Letztlich gehe es darum, „die Regeln neu zu justieren, um unsere Freiheit zu verteidigen“.
Eingangs hatte Barbara Ettinger-Brinckmann, BFB-Vizepräsidentin und Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, die anwesenden rund 260 Gäste im Allianz-Forum in Berlin-Mitte begrüßt. Darunter Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Vertreter der Bundesressorts sowie Landesvertretungen und hochrangige Repräsentanten der BFB-Mitgliedsorganisationen sowie befreundeter Wirtschaftsverbände. Ettinger-Brinckmann griff aus Sicht der planenden Freiberufler die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den verbindlichen Mindestsätzen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure auf. Darin hatte der EuGH erstmals ausdrücklich festgestellt, dass ein verbindliches Preisrecht geeignet sei, die Qualität von Leistungen – in diesem Falle der Architekten, Ingenieure und Stadtplaner – zu sichern und korrigierte damit die entgegenstehende Auffassung der EU-Kommission. Dieses sei für alle Freiberufler von Bedeutung.
Ettinger-Brinckmann übergab das Mikrofon an den quasi Hausherrn Daniel Bahr, Mitglied des Vorstands der Allianz Privaten Krankenversicherungs-AG. Er hob unter anderem das hohe, auf Vertrauen basierende Ansehen hervor, das die Freien Berufe in der Gesellschaft haben. Dies verdienten sich die Freien Berufe auch dadurch, dass sie „für das, was sie tun, die Verantwortung tragen und auch für die Risiken haften“.
Mit dem Gemeinwohlbezug stellte BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer ein nächstes freiberufliches Charakteristikum an den Beginn seiner Rede. „Mehr denn je sind wir Freien Berufe der Kitt unserer Gesellschaft, gerade wenn es um große gemeinsame Aufgaben geht.“ Überdies verortete er die Freien Berufe als Säule der Daseinsvorsorge: „Wir sind tief in die Gesellschaft verwobene Local Player und Nahversorger erster Güte: Auf 1.000 Einwohner kommen 17,3 selbstständige Freiberufler. Zum Vergleich: Beim Handwerk, mit dem wir freundschaftlich verbunden sind und bei dem die Regulierung – Stichwort Meisterbrief – ebenfalls einen besonderen Stellenwert hat, liegt der Wert bei 12,1. Diese Freiberufler-Dichte rückt uns vor allem bei der strukturpolitischen Herausforderung der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ins Zentrum.“ Die flächendeckende Präsenz der Freien Berufe stellt er der fortschreitenden Kommerzialisierung gegenüber. „Für Ketten und Konzerne ist die entlegene Provinz in der Regel ein ‚point of no interest‘ und mithin ein ‚point of no invest‘.“
Nach erfolgtem Dank an den Festredner präsentierte er zur Überleitung in den geselligen Teil des Abends den neuen Kurzfilm des BFB. Darin werden musikalisch untermalt Werte und Leistungen der Freien Berufe dargestellt.
Die Veranstaltung wurde unterstützt von der Deutschen Anwalt- und Notar-Versicherung – Sonderabteilung der ERGO Lebensversicherung AG, der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sowie der DATEV eG.