Online-Veranstaltung: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung/KI für die Freien Berufe
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) verändern unsere Wirtschaft und Gesellschaft rasant. Gegenwärtig werden auf europäischer Ebene Initiativen beraten, die den digitalen Binnenmarkt grundlegend prägen werden. Dabei ist die Transformation in der Praxis längst angekommen. Diese Veränderungen werden auch von den Freien Berufen gelebt. Die Transformation hat Auswirkungen auf Ausbildung, Berufsrechte, die freiberufliche Selbstverwaltung und die Berufsausübung. Hierüber und wie die Freien Berufe daran mitwirken können, dass aus dem digitalen Wandel Chancen erwachsen, wurde im Rahmen einer gemeinsamen Online-Veranstaltung der Vertretung des Landes Hessen bei der Europäischen Union und des BFB am 26. Oktober 2021 in Brüssel diskutiert.
Mark Weinmeister, Staatssekretär für Europa im Land Hessen, würdigte in seinem Grußwort die Bedeutung der Digitalisierung. Dies sei in der Corona Pandemie sehr deutlich geworden. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur sei daher grundlegend für die Nutzung der Potenziale von Digitalisierung und KI. Besonders im Bereich Bildung, Gesundheitswesen und ländlicher Raum sei die Förderung digitaler Infrastrukturen und des Breitbandausbaus von zentraler Bedeutung. Auch die Änderung der Arbeitswelt, welche sich durch die Digitalisierung ergeben würde, müsse Berücksichtigung finden. Die Entwicklung der KI biete vielfältige Chancen, sofern der rechtliche Rahmen und ethische Grundsätze gewährleistet würden.
Dr. Sabine Hepperle, Abteilungsleiterin Mittelstandspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), unterstrich in ihrem Grußwort die gesellschaftliche Bedeutung der Freien Berufe als tragende Säule des Mittelstands und hob die Leistungen der freiberuflichen Berufsträger im wirtschaftlichen sowie im gesundheitlichen Bereich zur Bewältigung der Corona-Krise hervor. Vertrauen als Kernelement freiberuflicher Dienstleistungen sei auch wichtiger Bestandteil der politischen Zielsetzung im Bereich KI. Die Europäische Kommission arbeite daran, Europa zum Zentrum für die Entwicklung vertrauenswürdiger KI zu machen. Datenschutzstandards und Sicherheit müssten gewahrt bleiben, um das Vertrauen der Verbraucher in die hohe Qualität der freiberuflichen Dienstleistung zu gewährleisten. Gleichzeitig müsse aber auch eine Überregulierung von KI vermieden werden, damit junge innovationsfreudige Unternehmen im europäischen Markt wachsen könnten. Um insbesondere auch dem Mittelstand die Potenziale und Chancen der KI zu eröffnen, habe das BMWi hierzu verschiedene digitale Förderprogramme aufgelegt.
Dr. Ulla Engelmann, Europäische Kommission, erklärte einleitend, dass die Digitalisierung Auswirkungen auf die Art der Serviceerbringung haben wird. Die Freien Berufe seien hier schon erfolgreich. Im Building Information Modeling der Ingenieure und Architekten sowie bei der Telemedizin und Diagnostik kämen digitale Systeme und KI bereits zum Einsatz. Sie betonte, dass KI die freiberufliche Dienstleistung nur unterstützen und nicht ersetzen könne. Vertrauen in die Technik zu schaffen, sei ein zentraler Aspekt, um einen erfolgreichen Einsatz zu gewährleisten. Die EU-Kommission habe daher zur Stärkung des Vertrauens in Anwendungen, welche auf KI basieren, den ersten Rechtsrahmen für KI vorgelegt. Der Rechtsrahmen solle sichere, transparente, ethische, unparteiische und unter menschlicher Kontrolle stehende KI gewährleisten.
Die Redebeiträge waren Ausgangspunkt einer inhaltsstarken Podiumsdiskussion. Neben Dr. Ulla Engelmann waren die weiteren Podianten Marion Walsmann MdEP (EVP/CDU) und Dr. Karin Hahne, BFB-Vizepräsidentin und Präsidentin des Verbandes Freier Berufe in Hessen. Die unterschiedlichen Diskussionsstränge verknüpfte die Moderatorin der Veranstaltung, Silke Wettach, EU-Korrespondentin der WirtschaftsWoche. Konsens bestand unter anderem darin, dass KI vertrauenswürdig, wertebasiert und auf die Menschen ausgerichtet sein muss. Zudem müsse die Letztentscheidung immer beim Menschen liegen. Dies sei eine unabdingbare Voraussetzung für die nachhaltige Akzeptanz von KI, betonte etwa Walsmann MdEP. In diesem Zusammenhang begrüßte die Runde, dass gegenwärtig auf europäischer Ebene der weltweit erste Rechtsrahmen für KI verhandelt werde. Ziel sei es, so Dr. Engelmann, ähnlich wie bei der Datenschutz-Grundverordnung weltweit Standards zu setzen. Dr. Hahne erinnerte daran, dass KI Auswirkungen auf Kernelemente der Freiberuflichkeit habe, und verwies dabei etwa auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Freiberufler und seinem Patienten, Mandanten, Klienten und Kunden. Der Einsatz von KI im freiberuflichen Bereich ohne ein menschliches, individuelles Korrektiv komme für sie nicht in Frage, so Dr. Hahne weiter. Auf die Frage der Moderatorin, wie die Freien Berufe mit dem sich durch Digitalisierung/KI mutmaßlich erhöhenden Wettbewerbsdruck umgehen werden, führte Dr. Hahne aus: „Auf diese sich verändernden Rahmenbedingungen sollten wir reagieren. Dies liegt in unserem eigenen Interesse. Sicherlich wird es am Ende auch darum gehen müssen, freiberufliche Berufsrechte weiterzuentwickeln, wo dies notwendig und sinnvoll ist. Dies darf aber nie dazu führen, dass Kernelemente der Freiberuflichkeit zur Disposition gestellt werden.“
BFB-Präsident Friedemann Schmidt wies seinerseits abschließend darauf hin, dass Berufsrechte und -pflichten als Qualitätssicherungselemente zentrale Aspekte der regulierten freiberuflichen Dienstleistungserbringung seien. Gleichzeitig würden im Bereich der KI grundsätzlich finanzkräftige Unternehmen mit dem Anspruch auf eine mindestens europaweite Markttätigkeit investieren. „Rein wirtschaftlich betrachtet ist daher einerseits sicherzustellen, dass unsere Berufsträger durch die Berufsrechte und -pflichten nicht massiv ausgebremst werden. Andererseits ist mit Blick auf die Qualitätssicherung zu gewährleisten, dass berufliche Regularien hinsichtlich ihrer Funktion, gewichtige Rechtsgüter zu schützen, nicht ins Leere laufen“, betonte Friedemann Schmidt und ergänzte: „Wir Freiberufler sind bereit dazu, das vor uns liegende digitale Jahrzehnt, unsere Zukunft, mitzugestalten.“
Vonseiten des BFB nahmen zudem teil BFB-Vizepräsidentin WP/StB Dipl.-Kfm. Regina Vieler, die auch Vizepräsidentin der Wirtschaftsprüferkammer ist, und BFB-Hauptgeschäftsführer Peter Klotzki.
Hinweis: Das Video zur Veranstaltung ist hier abrufbar.