„Der Fachkräftemangel belastet die Freien Berufe stark. Aktuell fehlen rund 129.000 Fachkräfte, 38.000 angestellte Berufsträgerinnen und Berufsträger sowie 44.000 Auszubildende. Insgesamt klafft eine erhebliche Lücke von rund 211.000 Personen – trotz einer leichten Verbesserung gegenüber dem Winter 2023, als diese Zahl bei 263.000 lag. Zwar hat sich der Druck auf alle Berufsgruppen leicht verringert, was teils auf die Besetzung offener Stellen, Neuzuschnitte von Aufgaben oder abgelehnte Aufträge zurückzuführen ist. Dennoch bleibt der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung, mit der sich viele Teams arrangieren mussten,“ so BFB-Präsident Dr. Stephan Hofmeister.
Und sagt weiter: „Die in den Freien Berufen durch den Fachkräftemangel nicht erbrachte Wirtschaftsleistung beläuft sich auf rund 16 Milliarden Euro. Ein Wertschöpfungsverlust, der fast drei Prozent des Umsatzes entspricht, den die Freien Berufe in Deutschland 2024 gemeinsam mit ihren Teams erwirtschaftet haben.
Die Gründe für die Besetzungsprobleme sind vielfältig: 80,6 Prozent der Befragten nennen den Mangel an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern als Hauptursache. 55 Prozent sehen eine veränderte Arbeits- und Lebenseinstellung der Bewerbenden als entscheidenden Faktor. 50,9 Prozent geben zu hohe Gehaltsvorstellungen an. Weitere Gründe sind laut 39,7 Prozent eine unzureichende Passung der Qualifikationen mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes, während 32,7 Prozent eine generelle Unterqualifizierung beklagen.
Diese Herausforderungen zeigen deutlich, dass die Freien Berufe ihr volles Potenzial – sowohl für die Bewältigung wichtiger Zukunftsaufgaben als auch für das Wirtschaftswachstum – derzeit nicht ausschöpfen können. Dabei bieten sie gerade jungen Menschen nicht nur eine zukunftssichere berufliche Perspektive, sondern auch die Chance, einen sinnstiftenden Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. In Praxen, Kanzleien, Büros und Apotheken sind auch Auszubildende bereits von Anfang an als wertvolle Mitglieder des Teams mit dabei. Sie arbeiten eng mit Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden zusammen und tragen so aktiv zu Gesundheitsversorgung, Rechtsberatung, Planung, Bau und Kultur bei. Mit ihrer Arbeit stärken sie die Daseinsvorsorge und gestalten gesellschaftlich relevante Bereiche mit.
In den kleinen, für die Freien Berufe typischen Teams können die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich flexibler berücksichtigt werden als in großen Organisationen. Arbeitszeiten und Stellenumfang lassen sich, wo möglich, wesentlich unkomplizierter anpassen. Darüber hinaus stärkt das vertrauensvolle Miteinander im Team diese Flexibilität zusätzlich.
Um dem Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken, kann die Politik kurzfristig und kostenneutral gegensteuern, indem sie den Bürokratieabbau beherzt angeht, damit freiberufliche Praxen, Kanzleien, Büros und Apotheken wertvolle Zeit gewinnen – Zeit für ihre Patientinnen, Mandanten, Klientinnen und Kunden.
Auch muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter gestärkt werden. Insbesondere ist eine wohnortnahe, zeitlich flexible Kinderbetreuung, die auch Tagesrandstunden abdeckt, essenziell – gerade für Vollzeitbeschäftigte. Dabei kommt dem ab dem Schuljahr 2026/27 geltenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder eine zentrale Rolle zu, der in den Kommunen konsequent umgesetzt werden muss.
Darüber hinaus gilt es, bisher ungenutzte Arbeitsmarktpotenziale stärker zu aktivieren und die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen.“
Hinweis: Die Zahlen entstammen einer Sonderauswertung, die das Institut für Freie Berufe im Auftrag für den BFB auf Basis der BFB-Konjunkturumfrage Winter 2024 durchgeführt hat.