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Prof. Dr. Ewer: „Bei nahezu jedem dritten Freiberufler steht es Spitz auf Knopf.“

Die Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2020 zeigen: Die Lage der Freiberufler ist und bleibt äußerst angespannt. Der Anteil derjenigen, die ihre momentane Geschäftslage als schlecht bewerten, verdoppelt sich nahezu, und der Anteil derjenigen, die eine ungünstigere Entwicklung im kommenden halben Jahr erwarten, verfünffacht sich fast.

„Die Corona-Krise hinterlässt tiefe Spuren in den freiberuflichen Feldern, dem bislang am stärksten wachsenden Wirtschaftsbereich. Das belegt nach unserer Schnellumfrage auch die turnusmäßig durchgeführte Konjunkturumfrage. Gerade entlang von Vergleichswerten der Konjunkturumfrage aus dem Vorjahr zeigt sich die Tragweite der Krise: Die Lage der Freiberufler ist äußerst angespannt“, so BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer zu den Ergebnissen der repräsentativen Umfrage, die das Institut für Freie Berufe (IFB) Nürnberg im Auftrag des BFB im zweiten Quartal 2020 unter rund 2.000 Freiberuflern zur Einschätzung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage, der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten, ihrer Personalplanung und Kapazitätsauslastung durchführte.

BFB-Präsident Prof. Dr. Ewer weiter: „Der Anteil derjenigen, die ihre momentane Geschäftslage als schlecht bewerten, hat sich nahezu verdoppelt, von 16,9 Prozent im vergangenen Sommer auf nunmehr 30,8 Prozent. Im Gegensatz dazu bewerten nur noch 28,5 Prozent ihre Situation als gut, vor einem Jahr waren es mit 41,5 Prozent nahezu eineinhalb Mal so viele. Hier verfestigt sich das durch unsere Schnellumfrage zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in den Freien Berufen abzeichnende Schreckensszenario, wonach für fast jeden dritten Freiberufler (29,5 Prozent) der bereits entstandene wirtschaftliche Schaden existenzbedrohend ist.

Entspannung ist kurzfristig definitiv nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil. Die Freiberufler erwarten, dass sich die Situation weiter zuspitzt. Der Anteil derjenigen, die eine ungünstigere Entwicklung im kommenden halben Jahr erwarten, hat sich nahezu verfünffacht, von 11,4 Prozent im Sommer 2019 auf nunmehr 56,8 Prozent. Demgegenüber ist der Anteil derjenigen, die eine günstigere Entwicklung erwarten, um mehr als die Hälfte geschrumpft, von 21,4 Prozent im Sommer 2019 auf jetzt 8,6 Prozent.

Im Zuge der Krise ändern sich auch die Vorzeichen für die Personalplanung. Jeder Fünfte (20,8 Prozent) rechnet krisenbedingt damit, in zwei Jahren weniger Mitarbeiter zu haben als heute. Dieser Wert lag vor einem Jahr bei 13,8 Prozent und erklärte sich seinerzeit vor allem durch die Aussicht, den Fachkräftebedarf nicht decken zu können.

Um möglichst viele Unternehmen auch aus den Freien Berufen durch die Krise zu lotsen und auf den erhofften Wachstumspfad zu bringen, muss die Bundesregierung bei ihren Programmen nachsteuern, etwa bei der Überbrückungshilfe durch eine Verlängerung sowie einen Unternehmerlohn. Wesentlich bleibt, Liquidität in den Unternehmen zu belassen.

Grundsätzlich gilt es gleichermaßen, etablierte Unternehmen zu stärken und Gründer sowie Nachfolger zu fördern. Die Bundesregierung muss alles daransetzen, um die hiesige Gründerkultur bestmöglich zu beleben. Dazu hat die große Koalition schon vor Corona weitere Impulse identifiziert, wie etwa eine grundsätzliche Umsatzsteuerbefreiung in den ersten beiden Jahren nach Gründung. Solche Projekte dürfen nicht aus dem Fokus geraten, sondern müssen beherzt angegangen und auch um weitere ergänzt werden, wenn sich Bedarf abzeichnet. Für eine moderne Volkswirtschaft sind Gründungen unverzichtbar: Sie durchlüften den Standort, sorgen für Wirtschaftskraft, sind Treiber von Innovationen und ganz besonders des digitalen Wandels.“

 

Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2020 im Einzelnen:

Aktuelle Geschäftslage
28,5 Prozent der befragten Freiberufler stufen ihre aktuelle Geschäftslage als gut ein, 40,7 Prozent als befriedigend und 30,8 Prozent als schlecht. Dies ist verglichen mit den Sommer-Werten 2019 eine deutliche Abwärtsentwicklung. Vor einem Jahr lagen die Werte bei 41,5 Prozent (gut), 41,6 Prozent (befriedigend) und 16,9 Prozent (schlecht).

Alle vier Freiberufler-Gruppen beurteilen ihre aktuelle Lage schlechter als im Vorsommer: Die befragten technisch-naturwissenschaftlichen Freiberufler und die rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberufler sind zurückgenommener, die freien Heilberufe und die freien Kulturberufe noch verhaltener.

Sechs-Monats-Prognose
Für das kommende Halbjahr erwarten 8,6 Prozent der Befragten eine günstigere, 34,6 Prozent eine gleich bleibende und 56,8 Prozent eine ungünstigere Entwicklung. Hier verschieben sich die Werte im Vergleich zum letztjährigen Sommer deutlich: diese lagen bei 21,4 Prozent (günstiger), 67,2 Prozent (gleich bleibend) und 11,4 Prozent (ungünstiger).

Für alle vier Freiberufler-Gruppen steht das kommende Halbjahr unter ungünstigeren Vorzeichen. Die rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Freiberufler und die technisch-naturwissenschaftlichen Freiberufler sehen die zukünftigen Entwicklungen kritisch. Noch verhaltener sind die freien Heilberufe und die freien Kulturberufe.

Personalplanung
11,7 Prozent der befragten Freiberufler gehen davon aus, binnen zwei Jahren mehr Mitarbeiter zu haben. 67,5 Prozent rechnen mit einer stabilen Personaldecke und 20,8 Prozent fürchten, Stellen abbauen zu müssen.

Konjunkturbarometer
Durch die Jahresvergleiche der BFB-Konjunkturbefragungen wird das Ausmaß der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ersichtlich. Das Geschäftsklima insgesamt wird deutlich schlechter eingeschätzt als in den Vorjahren. Der Geschäftsklimaindex in den Freien Berufen, also die Verknüpfung von Lageanalyse und Perspektive, ist negativ, allerdings nicht ganz so schlecht wie in der gewerblichen Wirtschaft.

Aktuelle Auslastung der Kapazitäten
Hier spiegeln die Werte eine sich verschlechternde Situation und merkliche Auftragsrückgänge. Im Rahmen der aktuellen Befragung geben 14,1 Prozent der Befragten an, dass ihre Kapazitäten überschritten sind. Noch im Sommer 2019 lag dieser Wert um rund zehn Prozentpunkte höher. Des Weiteren sind aktuell 34 Prozent zu mehr als 75 bis zu 100 Prozent ausgelastet, 16 Prozent zu mehr als 50 bis zu 75 Prozent, 15,4 Prozent zu mehr als einem Viertel bis zur Hälfte und 20,5 Prozent bis zu einem Viertel. Von denjenigen, die überausgelastet sind, sind bei gut zwei Drittel die Kapazitäten bis zu einem Viertel überschritten.

Perspektivische Auslastung
Auch an diesen Werten lässt sich eine deutliche Abwärtsentwicklung ablesen. Von denjenigen, die noch nicht überausgelastet sind, erwarten zwei Prozent, binnen der kommenden sechs Monate, und 5,3 Prozent, innerhalb der nächsten zwei Jahre über 100 Prozent ausgelastet zu sein. Diese Werte lagen im Sommer 2019 noch bei 6,1 und 7,6 Prozent.

Gründe für Überauslastung
Für 63 Prozent gründet die Überauslastung in einer zu hohen Nachfrage. 46 Prozent führen dies auf fehlende Fachkräfte und 11,8 Prozent auf fehlende weitere Mitarbeiter zurück.

Die freiberufliche Selbstständigkeit beeinflussende Faktoren
Hier rangieren mit 31,9 Prozent die politischen Rahmenbedingungen auf Platz eins, gefolgt von der Herausforderung, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden (28 Prozent). Die Einwirkung der Digitalisierung auf ihr Geschäftsfeld ist lediglich für 15,7 Prozent der Befragten am dringendsten.