Das Institut für Freie Berufe in Nürnberg (IFB) hat für den Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB) im zweiten Quartal 2017 eine Umfrage unter knapp 1.000 Freiberuflern zur Einschätzung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage, der voraussichtlichen Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten sowie zum Spezialthema „Teilzeit“ durchgeführt. Hierzu erklärt BFB-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer:
„Bei uns Freien Berufen läuft es rund. In ihrer Momentaufnahme zeichnen die befragten Freiberufler ein vorwiegend zufriedenes Bild. Daran wird sich auch im kommenden Halbjahr nichts Grundlegendes ändern. Lageanalyse und Perspektive prägen auch die Einstellungspolitik: Rund jeder Fünfte will mehr Mitarbeiter beschäftigen. Diese Kurzformel beschreibt die Kernergebnisse.
Eine beachtliche Mehrheit stuft ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend ein, nur 14,3 Prozent sind pessimistischer. In den nächsten sechs Monaten rechnet fast jeder Fünfte mit einer günstigeren Entwicklung, für rund zwei Drittel bleibt alles wie gehabt und mit 12,2 Prozent erwarten 1,3 Prozent mehr als im Vorjahressommer, dass sich ihre Situation verschlechtern wird. Im Vergleich zum Vorjahr sind Ist-Beschreibung und Ausblick ein wenig zurückhaltender, die Werte schwanken aber nur geringfügig. 17,6 Prozent der befragten Berufsträger – fünf Prozent mehr als vor einem Jahr – wollen weitere Mitarbeiter einstellen. Wermutstropfen ist leider, dass mit 11,7 Prozent etwa 1,5 Prozent mehr als im letzten Sommer befürchten, weniger Mitarbeiter zu beschäftigen.
Insgesamt unterfüttern diese Zahlen weiterhin die solide Wirtschafts- und Beschäftigungslage bei uns Freiberuflern. Die nunmehr seit mehreren Jahren anhaltende Dynamik bestätigt unsere wirtschaftliche Bedeutung. Ob Digitalisierung oder demografischer Wandel, mit der Nachfrage nach unseren Dienstleistungen steigt unser Bedarf an Fachkräften. Ins politische Pflichtenheft gehört es deshalb, ein aussagekräftiges Fachkräftemonitoring einzuführen und damit zu vermessen, wo und in welchen Berufen Fachkräfte fehlen. Das Thema darf nicht aus dem Fokus rutschen. Hier sind natürlich auch die Freien Berufe selbst gefragt, sich als attraktiver Arbeitgeber zu promoten. Wer qualifizierte Mitarbeiter werben und langfristig halten will, kann auch mit Teilzeitmodellen punkten, die es Angestellten etwa ermöglichen, eine Familie zu gründen. Arbeitszeitvereinbarungen werden schon heute partnerschaftlich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbart. Gerade kleinere Unternehmen kennen die Lebensumstände ihrer Beschäftigten. Flexible und mitarbeiterfreundliche Arbeitszeitregelungen sind daher bei uns Freiberuflern längst gelebte Praxis. Wir begrüßen, dass es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einem allgemeinen Recht auf befristete Teilzeit, gekoppelt mit einem einklagbaren Rückkehrrecht zur Vollzeitbeschäftigung kommt; auch die nächste Bundesregierung ist gut beraten, davon abzusehen. Angesichts der zu erwartenden zusätzlichen Bürokratie wäre das Vorhaben schlicht beschäftigungshemmend.“
Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Sommer 2017 im Einzelnen:
Aktuelle Geschäftslage
Ihre aktuelle Geschäftslage beurteilen 48,4 Prozent der Befragten als gut, 37,3 Prozent als befriedigend und 14,3 Prozent als schlecht. Im Vergleich zu den Werten aus dem Sommer 2016 ist dies eine leichte Korrektur nach unten: Damals lagen die Werte noch bei 51,9 Prozent, 35,5 Prozent und 12,6 Prozent.
Alle vier Freiberufler-Gruppen verzeichnen einen positiven Saldo. Besonders zufrieden zeigen sich die Befragten aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich gefolgt vom Bereich Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsberatung, den Heilberufen sowie den Kulturberufen.
Sechs-Monats-Prognose
Für die kommenden sechs Monate erwartet die überwiegende Mehrheit der befragten Freiberufler eine stabile Entwicklung. Gefragt nach ihren Erwartungen binnen des nächsten Halbjahres rechnen 18,1 Prozent der Befragten mit einer günstigeren, 69,7 Prozent mit einer gleichbleibenden und 12,2 Prozent mit einer ungünstigeren Entwicklung. Hier sind die Werte im Vergleich zur Vorjahreserhebung etwas schlechter; diese lagen bei 18,4 Prozent (günstiger), 70,7 Prozent (gleich bleibend) und 10,9 Prozent (schlechter).
Personalplanung
Bei der Personalplanung für die kommenden beiden Jahre zeichnet sich weiterhin ein positives Bild ab: 17,6 Prozent der Befragten wollen in zwei Jahren mehr Mitarbeiter beschäftigen (gegenüber 12,6 Prozent in der Sommerumfrage 2016), 70,7 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Mitarbeiterzahl (Sommer 2016: 77,2 Prozent) und 11,7 Prozent mit einer rückläufigen Mitarbeiterzahl (Sommer 2016: 10,2 Prozent).
Konjunkturbarometer
Das Geschäftsklima bei den Freien Berufen ist etwas besser als in der gewerblichen Wirtschaft, wo sich die Stimmung aber jüngst weiter verbessert.
Spezialthema: „Referentenentwurf zum Teilzeitgesetz“
Neben wirtschaftlichen Aspekten wurden die Freiberufler zum Spezialthema „Teilzeit“ befragt. Hintergrund war der mittlerweile der politischen Diskontinuität anheimgefallene Gesetzentwurf, nach dem Beschäftigte ein einklagbares Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit erhalten sollten.
Mitarbeiter insgesamt
Mit 61,2 Prozent beschäftigt eine große Mehrheit der Befragten weniger als fünf Mitarbeiter, 23,4 Prozent beschäftigen zwischen fünf und neun Mitarbeitern, 9,5 Prozent zwischen zehn und 14 Mitarbeitern und knapp sechs Prozent haben 15 oder mehr Mitarbeiter.
Mitarbeiter in Teilzeit
Die Verteilung der Teilzeitkräfte bei den befragten Freiberuflern sieht wie folgt aus: 44,1 Prozent beschäftigen ein oder zwei Teilzeitkräfte, 24,3 Prozent haben zwischen drei und fünf Teilzeitmitarbeiter, 8,4 Prozent haben zwischen sechs und zehn Teilzeitkräfte und nur knapp zwei Prozent haben mehr als zehn Teilzeitmitarbeiter. Vor allem Frauen arbeiten in Teilzeit, 84,9 Prozent der Befragten geben an, dass ausschließlich Frauen bei ihnen in diesem Beschäftigungsverhältnis stehen.
Entwicklung
Mit 31,9 Prozent geben knapp ein Drittel der Befragten an, dass der Anteil der Teilzeitkräfte in ihren Teams in den vergangenen fünf Jahren gestiegen ist, bei 61,5 Prozent ist er gleich geblieben und bei 6,6 Prozent gesunken.
Gründe für Teilzeit
32,8 Prozent der Befragten geben an, dass Erziehungsteilzeit oder andere familiäre Gründe ausschlaggebend sind. 14,2 Prozent nennen Fort- und Weiterbildung, 8,3 Prozent mangelnde Arbeitsauslastung, 3,3 Prozent Alter und Gesundheit und 0,2 Prozent Pflegeteilzeit. Weitere 41,2 Prozent haben den Anlass nicht weiter spezifiziert.
Wochenstunden der Teilzeitkräfte
Die Teilzeitkräfte der befragten Freiberufler arbeiten meistens zwischen 20 und 30 Stunden in der Woche (49,7 Prozent der Befragten), bei 40,5 der Befragten sind ihre Teilzeitkräfte weniger als 20 Stunden in der Woche beschäftigt, nur knapp zehn Prozent der Befragten geben an, dass ihre Teilzeitkräfte 30 Wochenstunden oder mehr leisten.
Erhöhung der Stundenzahl
Insgesamt treten solche Anträge über alle Berufsgruppen hinweg eher selten auf: 81,8 Prozent der Befragten geben an, dass bei ihnen in den vergangenen fünf Jahren keine Anträge auf Erhöhung der Stundenzahl gestellt worden sind.
Auswirkungen eines einklagbaren Rechts auf Rückkehr in Vollzeit
62,9 Prozent der befragten Freiberufler geben an, sie könnten nicht genug Aufträge akquirieren, um die mehr arbeitenden Beschäftigten auszulasten. 23,5 Prozent würden es schaffen und so den Lohnmehraufwand abfangen können. Bei Einführung eines einklagbaren Rechtsanspruchs auf Rückkehr in Vollzeit würden fast ein Drittel aller Befragten (32,5 Prozent) keine neuen Mitarbeiter einstellen können; 28,9 Prozent erwarten keine Auswirkungen. 28,2 Prozent allerdings befürchten, Mitarbeiter entlassen zu müssen.
Alternative Modelle
Gefragt nach alternativen Arbeitszeitmodellen, sind fast zwei Drittel für Gleitzeit. Mehr als die Hälfte der Befragten halten Arbeitszeitkonten und rund 40 Prozent eine Flexibilisierung der Ruhezeiten für geeignet. Bei gut einem Drittel kommt die „Vertrauensarbeitszeit“ gut an. Die Konzepte „Telearbeit/Homeoffice“, „Lebensarbeitszeit“ und „Jobsharing“ finden weniger Anklang.
Bewertung des Vorschlags auf einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Vollzeit
63,1 Prozent der befragten Freiberufler finden, dass der bisherige gesetzliche Rahmen ausreicht.
Etwa 63,8 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen die Personalplanung erschweren würden. Die größte Mehrheit der befragten Freiberufler (78,8 Prozent) sind der Auffassung, dass ein reformiertes Gesetz am Fachkräftemangel nichts ändert.